Bericht vom Erzählcafé am 17. November 2018

Alte Geschäfte und Läden in Rumpenheim

Mit großer Freude konnten Sigrid Otto und Bruno Persichilli 30 Gäste zum Erzählcafé
begrüßen. Für die beiden Gastgeber war das Buch über Rumpenheim von Helmut Hill
eine wahre Fundgrube, sind doch dort zahlreiche Fotos und Geschichten zu den alten
Rumpenheimer Gastwirtschaften und Läden enthalten.
Neben Helmut Hill war Kurt Kaiser, auch ein „Ur-Rumpenheimer“ als Referent zugegen. In einer Fleißarbeit hatte er eine Liste mit allen alten Geschäften, Betrieben und Gaststätten zusammengestellt. Anhand der Liste erzählte er, was er noch als Kind an Besorgungen für seine Oma oder seine Mutter erledigte. Hier ergänzten ihn sofort die Gäste mit eigenen Erinnerungen und manchen lustigen Anekdoten.
Jutta Strohl erinnerte an die Läden ihrer Familie. Es gab in der Familie Hammel etliche Schwestern, die alle etwas mit Essen und Trinken zu tun hatten, so betrieben sie damals zwei Gaststätten, einen Lebensmittelladen und eine Metzgerei.
Kurt Kaiser, dem es offensichtlich viel Spaß gemacht hatte, in den Erinnerungen zu schwelgen, erzählte, dass man in seiner Kindheit zwischen Unterdörfer und Oberdörfer unterschieden hat. Unterdörfer waren alle, die im alten Ortskern wohnten, Oberdörfer waren diejenigen, die Richtung Bürgel wohnten. Damals war der Ort noch geprägt von Bauernhöfen. Und etliche Geschäfte wurden per Tauschhandel getätigt: So brachte man Korn zum Bäcker und erhielt dafür Brot. Und die Bleche mit Kuchen wurden zum Backen zu den Bäckereien gebracht. Die gegenseitige Hilfe ging noch weiter: So war es kein Problem auch mal am Sonntag schnell etwas in einer der Bäckereinen oder Metzgereien zu bekommen, wenn man plötzlich Besuch erhielt. Gerne erinnerten die Gäste an die vielen Gaststätten: In der Krone von Marie Müth und ihrem Schwiegersohn Ferdi verkehrten die Fußballer. Kurt Kaiser: „Mein Vater gehörte damals auch zu den Stammgästen, er wurde immer „Fässi“ gerufen, dabei war er gar nicht so dick!“ In der Krone tagten auch der Gesang- und Schützenverein, fand am Rosenmontag der Lumpenball statt, wurden Hochzeiten und Geburtstage gefeiert, und schließlich begann hier auch das traditionelle
Schubkarrenrennen. Im Schiffchen bei Karl Lehmann traf sich die Heiterkeit und im
Gasthaus „Zum Löwen“ beim Ansel Heinrich traf man sich zum Tanz.
Henning Hehner erzählte von den Einsätzen der amerikanischen Militärpolizei, die damals sehr gefürchtet war, und bei Streitereien im Frankfurter Hof für Ordnung sorgte. Er erzählte auch von Besuchen beim Bäcker Ruß. Wenn es mal wieder sehr spät wurde, kehrte man noch beim Bäcker Ruß ein, bekam noch eine Flasche Bier und die frischen Brötchen fürs Frühstück. In der „Alten Post“ bei der „Mudder“ in der Neugasse tagte der Angelverein und wurde ausgiebig Fastnacht gefeiert. Ein Schöppchen kostete damals, so Henning Hehner, gerade mal 30 Pfennig. Beim „Café Strohl in der Dornbergerstr. konnte man noch bis in der 80er Jahre Kuchen und Eis kaufen. Die Rumpenheimer nannten den Wirt und später noch seinen Sohn nur „Dollar“. Er hatte sich mal in Bürgel um den Stand des Dollars erkundigt und dann in Rumpenheim darüber berichtet. Seitdem hieß er nur noch der „Dollar“. Er gehörte zu den ersten Wirten, die einen Fernseher für die Gäste aufbieten konnten. Ein Gast berichtete, dass der Bäcker Wolf früher seinen Rahmkuchen in Blechkästen mit der Eisenbahn bis nach Süddeutschland verschickte. Und was heute
wieder von ökologisch gesinnten Menschen forciert wird, damals gab es die meisten
Lebensmittel lose in Papier verpackt. Bei Emma Kaiser – Rumpenheim hatte im wahrsten
Sinne des Wortes einen Tante-Emma-Laden – wurde jeder einzeln bedient, man wartete
vor der Theke bis man dran kam und schwätzte mit den anderen Kunden. Denn Emma
Kaiser musste mitunter in den ersten Stock laufen, um bestimmte Waren zu holen.
Gerne erinnerte sich Ludwig Schmidt daran, dass früher Rupert Preindl von der Neugasse
aus sein Obst und Gemüse feilbot. Aber meistens war der Laden zu, denn er zog mit
seinem Pferdewagen und später mit einem kleinen Lastwagen durch Rumpenheim und

rief laut: „Weißkraut und Rotkraut!“ Zur Belustigung der Gäste erzählte Kurt Kaiser noch
eine Anekdote: „Wenn wir von Offenbach kamen, weil die Schule mal früher aus war,
konnten wir mit etwas Glück den Milchhändler Georg Vollmer in Bürgel abpassen. Dann
konnten wir auf seinem Pferdefuhrwerk nach Rumpenheim mitfahren. Manchmal schlief
der Vollmer ein, aber sein Pferd fand immer alleine nach Haus.“. Und eine Besucherin
erinnerte an das Fuhrunternehmen Breidert, das ihre Familie betrieb. Damals gab es quasi ein Taxiangebot zwischen Bürgel und Rumpenheim mit Pferdekutschen.
Dass damals nicht alles so genau genommen wurde, zeigte auch die weitere Anekdote von Kurt Kaiser:
„Als meine Eltern ihr Haus bauten, war auch der Gas- und Wasserinstallateur Weidner
aktiv. Als die Mutter feststellte, das Rohr da ist doch schief! meinte der Installateur nur
ganz trocken: Daran gewöhnt ihr euch schon!“
Eine weitere lustige Anekdote erzählte Irene Kehret: „Als Kind hatte ich einen losen Zahn, der mich sehr störte. Meine Eltern hatten beide keine Zeit und meinten, geh doch zum Zahnarzt. Mit meinen 6 Jahren ging ich dann tapfer zum Zahnarzt Hegele, der direkt gegenüber dem Friedhof seine Praxis hatte. Er zog mir schnell den Zahn und zückte dann sein Portemonnaie und schenkte mir 20 Pfennig zu Belohnung. Zahlen mussten meine Eltern nichts!“ Neben den lustigen Erinnerungen gab es aber auch eine tragische Begebenheit: In den 80er Jahren kam es in einer Autowerkstatt in der Landgraf-Friedrich-Str. zu einem schweren Unfall, bei dem die zwei Automechaniker später im Krankenhaus an ihren schlimmen Verletzungen verstarben. Bei all diesen vielen Erinnerungen kam Sigrid Otto gar nicht mehr dazu, nach neuen Geschäften zu fragen. So blieb ihr nur noch Zeit, sich bei Hannelore Sommer für die Kuchenspende und bei Angelika Persichilli für den vorzüglichen Käsekuchen zu bedanken.

Bruno Persichilli (Vorsitzender der BIR)


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